Das Gebet zum Empfang der heiligen Kommunion

Ob in der Eucharistiefeier des lateinischen Ritus oder in der Göttlichen Liturgie des byzantinischen Ritus: Mit dem Empfang des allheiligen Leibes und des kostbaren Blutes Jesu Christi in Gestalt von Brot und Wein, tauchen wir ein in das „innerste Mysterium der Vereinigung mit Christus“ (Sergius Heitz).

Dass wir nicht gedankenlos und unvorbereitet an den Tisch des Herrn herantreten sollen, muss schon Paulus den Gläubigen von Korinth in Erinnerung rufen:

„Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt“ (1Kor 11,28-29).

Gewiss, kaum jemand wird von sich sagen können, er oder sie sei in jeder Beziehung ohne Fehl und Makel, ohne Sünde und absolut reinen Herzens und daher selbstverständlich bereit, den Herrn zu empfangen. Wäre dies die zwingende Voraussetzung zum Empfang der Heiligen Kommunion, wer könnte jemals der Einladung folgen, wenn die königlichen Türen sich öffnen, die heiligen Gaben erhoben werden und die Einladung ertönt:

„Mit Gottesfurcht, Glaube und Liebe tretet herzu!“

Diese Einladung macht uns darauf aufmerksam, dass zuallererst meine innige Liebe zu Gott zählt, eine Liebe, die durchaus um ihre Begrenztheit, ihre Zerbrechlichkeit und Hilfsbedürftigkeit weiss und sich darum mit Demut und in Gottesfurcht dem Heiligen nähert. Nicht Angst und Schrecken vor dem furchtbaren Richtergott sollen uns zum Empfang der Heiligen Gaben begleiten, sondern das tiefe Vertrauen in die Liebe Gottes und die grosse Freude darüber, dass wir mit Christus eins werden, der uns an Seele und Leib heilt, befreit und aufrichtet.

Im lateinischen Ritus bekennen wir denn auch vor dem Empfang der Kommunion:

„Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.“

Dieses Bekenntnis in Anlehnung an das Wort des Hauptmanns, der Jesus darum bittet, seinen gelähmten Diener zu heilen (vgl. Mt 8,8) bedeutet nicht, dass sich der Christ in unwürdiger Weise selbst erniedrigen und sich seiner Würde vor Gott schämen müsste, – es ist vielmehr die heilsame Erkenntnis: Ich bin und bleibe immer eine Empfangende, ein Empfangender, eine Beschenkte, ein Beschenkter; dass sich Christus mir schenkt, dass er bei mir einkehrt, kann ich weder einfordern noch ist dies mein persönlicher Verdienst. Ich bin immer der/die von Christus in seiner Liebe und Barmherzigkeit Beschenkte.

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Foto: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Palaichoro_Apostelkommunion_links.jpg

http://www.pravoslavie.ru/sas/image/102050/205045.b.jpgSo betet der Priester im lateinischen Ritus unmittelbar vor dem Empfang der Heiligen Gaben (Messbuch für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes):

„Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, dem Willen des Vaters gehorsam, hast du im Heiligen Geist durch deinen Tod der Welt das Leben geschenkt. Erlöse mich durch deinen Leib und dein Blut von allen Sünden und allem Bösen. Hilf mir, dass ich deine Gebote treu erfülle, und lass nicht zu, dass ich jemals von dir getrennt werde.“

Dieses wie auch das nachfolgende, in der Göttlichen Liturgie des byzantinischen Ritus gesprochene Gebet zur Vorbereitung auf die Kommunion hat zweifellos einen starken Busscharakter. Es beginnt aber mit dem ausdrück-lichen Bekenntnis zu Christus, als dem Sohn des lebendigen Gottes, der uns durch seine Hingabe zum Retter geworden ist. So dann verschweigt es nicht, dass ich als Mensch stets auf der Suche nach einem sinnerfüllten Leben bin und dass ich immer wieder schmerzlich erfahren muss, wie leicht ich mich – bei allem guten Willen – in Schuld und Sünde verstricke. Wie tröstlich ist es da, den gekreuzigten Schächer vor Augen zu haben, der am Ende seines Lebens um Vergebung bittet und das vergebende Wort Jesu empfängt:

„Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). 

In Ehrfurcht vor dem göttlichen Geheimnis, im Wissen um die eigene Begrenztheit und Schwachheit und im Vertrauen auf die liebende, heilende und aufrichtende Barmherzigkeit Jesu Christi sprechen im byzantinischen Ritus die Priester und Diakone und schliesslich alle Gläubigen vor dem Empfang der Heiligen Gaben also dieses Vorbereitungsgebet:

„Ich glaube, Herr, und bekenne: Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, der in die Welt gekommen ist, die Sünder zu retten, von denen ich selber der erste bin.

Ich glaube auch, dass dies Dein makelloser Leib ist und dies Dein kostbares Blut.

Darum bitte ich Dich, erbarme Dich meiner, verzeihe mir meine Verfehlungen, die ich aus Bosheit oder Schwäche begangen habe in Worten und Werk, bewusst oder unbewusst.

Mach mich würdig, mit reinem Gewissen an Deinen allreinen Geheimnissen teilzunehmen zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben.

Zur Teilnahme an Deinem heiligen Mahl lade mich heute ein, Sohn Gottes. Nicht werde ich das Geheimnis Deinen Feinden ver-    raten, noch Dir einen Kuss geben wie        Judas, sondern wie der Schächer bekenne ich Dir: Gedenke meiner, Herr, in Deinem Reich.

Der Empfang Deiner göttlichen Geheimnisse, Herr, gereiche mir nicht zum Gericht oder zur Verdammnis, sondern zur Heilung meiner Seele und meines Leibes. – Amen.“

Daniel Blättler, Protodiakon

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Foto: http://pravoslavie.ru/79679.html