Der Evangelist Lukas

Am 18. Oktober feiern viele Kirchen, so auch die römisch-katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen das Gedächtnis des heiligen Evangelisten Lukas. Er ist der Verfasser des dritten Evangeliums und der Apostelgeschichte.

Wer war der Evangelist Lukas?

Wie so oft, wenn es um Personen der Antike geht, sind die Quellen, die uns näheres über Herkunft, Leben und Wirken berichten, eher dürftig. So verwundert es auch nicht, dass sich Überlieferungen unterschiedlichster Herkunft bald einmal zu verschiedenen Legenden verschmelzen.

Fragen wir nach dem Wissensstand der heutigen Forschung, erfahren wir kaum etwas „Handfestes“ über die Person des Evangelisten Lukas. Darüber, wo Lukas geboren worden war, wo er lebte und wirkte, weiss man nichts Sicheres. Ob Antiochien, irgendwo in Griechenland oder gar in Rom der Wirkungsort des Evangelisten zu suchen ist, wird kontrovers diskutiert. Umstritten ist auch die Überlieferung des Irenäus von Lyon (um 180 n.Chr.), wonach der Evangelist Lukas mit jenem Lukas gleichzusetzen sei, der zum engeren Kreis des hl. Paulus gehörte und als Arzt tätig war (vgl. z.B. Kol 4,14). – Unbestritten jedoch ist, dass Lukas – wer immer er genau gewesen sein mag – ein wunderbares Evangelium von der Liebe Gottes und eine hochspannende Apostelgeschichte über die Entstehung der Christengemeinden und die Ausbreitung des Christentums geschrieben hat.

Das Evangelium des Lukas – eine frohe Botschaft von Jesus, dem Heiland

Dem Evangelisten Lukas haben wir wunderbare Texte zu verdanken, die uns Jesus als den wahren Heiland zeigen, der sich ganz besonders den Ausgegrenzten, den Verlorenen, den Sündern und Leidenden zuwendet. Für Lukas ist Jesus die menschgewordene Liebe Gottes zu den Menschen, denken wir nur an die berührenden Gleichnisse vom „barmherzigen Samariter“ oder vom „verlorenen Sohn“. Kein anderer Evangelist berichtet auch so eindrücklich über das Gebet als Fundament für das Leben aus dem Glauben. – Aber auch liturgische Texte finden sich in seinem Evangelium, Gebete, die täglich gesprochen oder gesungen werden wie der Lobgesang Mariens in der Vesper, das Magnifikat (Lk 1,46ff), der Lobgesang des Zacharias in der Laudes, das Benedictus (Lk 1,68ff) oder das Lied des greisen Simeon in der Komplet, das Nunc dimittis (Lk2,29ff), das Jesus als das Heil und das Licht für alle Völker besingt. – Schon dies zeigt, wie allgegenwärtig gerade dieses Evangelium in den Tagzeitengebeten der Kirchen und damit auch in unseren betenden Herzen ist.

Lukas in der kirchlichen Überlieferung

Für die kirchliche Überlieferung ist und bleibt Lukas aber doch mehr, als der kaum fassbare Evangelist der heutigen Bibelwissenschaft. So gilt er als einer der siebzig Jünger, die der Herr je zu zweit aussandte, um in den Städten und Dörfern zu predigen (vgl. Lk 10,1ff). Oder Lukas wird mit jenem Jünger gleichgesetzt, der am dritten Tage nach dem Tod Jesu zusammen mit Kleopas auf dem Weg nach Emmaus war, als ihnen der Auferstandene erschien und sie begleitete, ohne dass sie ihn erkannt hätten (vgl. Lk 24,13ff.). Erst beim Brechen des Brotes gingen ihnen die Augen auf, und sie kehrten nach Jerusalem zurück, um den Jüngern die frohe Botschaft von der Auferweckung Jesu zu berichten.

Andere Traditionen wissen davon zu berichten, Lukas habe erst durch den Apostel Paulus zum Glauben an Christus gefunden. Begeistert von der Predigt des Paulus, habe er sogleich alles liegen gelassen und sich ihm angeschlossen. Lukas wurde zum treuen Begleiter des Paulus und zugleich sein Leibarzt. Er begleitete Paulus auf seinen Reisen und habe schliesslich auch dessen Märtyrertod in Rom miterlebt. – Nach dem Tod des Paulus habe Lukas in Kleinasien und Achaia gelebt und sei zum Bischof von Theben ernannt und geweiht worden, wo er viele Kranke heilte, aber auch Kirchen baute, Priester und Diakone weihte und als vorbildlicher Hirte wirkte. Da soll er im Alter von 84 Jahren gestorben sein, während andere Quellen berichten, Lukas habe schliesslich selber das Martyrium erlitten. Aus dem Grab des Heiligen sei lange Zeit wunderwirkendes Myron geflossen. Kaiser Konstantius, Sohn Konstantins d.Gr., liess im Jahr 357 n.Chr. die Reliquien des Lukas nach Konstantinopel bringen und sie dort in der Kirche des Heiligen Apostels beisetzen.

Lukas – der erste Ikonenmaler

Eine weitere kirchliche Tradition sieht in Lukas den ersten Ikonenmaler. Er gilt als der erste Maler, der die Gottesmutter Maria abgebildet hat. Noch zu Lebzeiten der Maria habe Lukas die Mutter Jesu gemalt und so ihr Antlitz verewigt. Die Ikone der Heiligen Gottesmutter wird in der päpstlichen Basilika Santa Maria Maggiore in Rom als das Gnadenbild „Salus populi Romani“ verehrt. R. Raffalt schreibt dazu:

„Unter einer funkelnden Krone blickt das dunkle Antlitz der Madonna auf uns nieder, aus seinen gelassenen Zügen senkt sich auf die Betrübten Trost, auf die Kranken Heilung, auf die Zweifelnden Weisheit herab…‘Salus‘ – so nennt man diese Madonna, das ‚Heil‘ des römischen Volkes, und in diesem Wort ist nicht nur die Rettung der Seelen, sondern auch die Gesundheit des Leibes verstanden. Auch hier scheint die Verbindung zu dem Patron der Ärzte wie der Künstler gegeben.“

Lukas – der Evangelist, Lukas – der Patron der Ikonenmaler, Lukas – der Patron der Ärzte. Auch wenn man historisch betrachtet nur wenig über diesen Lukas weiss – die Wirkung und Ausstrahlung dieses Mannes ist bis heute ungebrochen lebendig.

Daniel Blättler, Protodiakon