Der Stern von Bethlehem

In der Advents- und Weihnachtszeit sieht man überall Sterne. Die kleinen mögen die Schneeflocken symbolisieren. Die grossen weisen auf den Stern von Bethlehem, der auch in der Bibel, im NT durch die drei Könige bezeugt ist (Mt 2,1-12). Man sieht verschiedene Formen: bei uns meistens fünf- oder sechseckige Sterne, auch Kometen. Was stimmt nun?

Warum denn überhaupt ein „Stern“?

Die Gestirne gehören zum Kosmos; auch sie wurden von Gott erschaffen (Gn 1,14), sie sind das Werk seiner Hände (Ps 8,4). Als Verkünder von Gottes Ehre (Ps 19,2) weisen sie auch auf die Ankunft des Messias, der Gottes Willen auf Erden ausführen soll.

So sah bereits der Seher Bileam in einem Gesicht einen bedeutungsvollen Stern. Es heisst: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel. „(Nm 24,17) Diese Episode ist auf einem Fresko in den Priscilla-Katakomben in Rom dargestellt: Bileam, der auf den Stern zeigt, der über der Muttergottes mit dem Jesuskind steht. Der Bileamspruch vom ‚Stern aus Jakob‘ gilt als echtes messianisches Zeugnis.

Abb. 1: Der Seher Bileam zeigt auf den Stern, 3.Jh.

Der Evangelist Matthäus berichtet von „Sterndeutern„, welche „aus dem Osten nach Jerusalem“ kamen und König Herodes fragten: „Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen.“ (Mt 2,1f.) König Herodes aber „liess sich von ihnen genau sagen, wann der Stern erschienen war“ (Mt 2,7). Die Hohenpriester und Schriftgelehrten in Israel wussten jedoch nur den Ort, nicht aber die Zeit, wann der Messias geboren werden sollte. Beim Propheten Micha steht, dass es Bethlehem wäre, in der eine Frau einen Sohn gebären werde. (Mi 5,1.3)

Hier stellt sich die Frage, woher die Weisen aus dem Morgenland Kenntnis über die Geburt dieses königlichen, wenn nicht sogar göttlichen Kindes hatten, und mehr wussten als der heimische König?

Sicher ist, dass im Gebiet des Morgenlandes, d.h. Mesopotamiens, die Sterndeutung einen grossen Platz einnahm. Was genau der „Stern von Bethlehem“ war, weiss man jedoch nicht. Aus heutiger naturwissenschaftlicher Kenntnis gibt es verschiedene Theorien:

Eine Sternschnuppe: wird es kaum gewesen sein. Dies ist ein zu alltägliches Phänomen. Da das Ende der Leuchterscheinung abrupt ist, eignet sie sich nicht als Wegweiser.

Eine Supernova: Dies ist die Explosion eines Sterns, der am Ende seiner Entwicklung angelangt ist. Es wird dabei eine Unmenge Licht freigesetzt, welches heller aufscheint als alle Sterne ringsum. Heute müssten allerdings noch Überreste ihrer Explosionswolke feststellbar sein, was nicht der Fall ist.

Ein Komet: Auf vielen Weihnachtskarten ist ein Komet dargestellt. Tatsächlich ist für das Jahr    5 v.C. ein Schweifstern nachweisbar. Der Kirchenvater Origenes († 254) vertrat die Meinung, dass der Stern, der den Weisen im Morgenland erschienen ist, ein neuer Stern gewesen ist, ein Komet.

Der italienische Maler Giotto di Bodone hat als einer der ersten auf seinem bekannten Weihnachtsbild „Die Anbetung der Könige“ (um 1305) einen Kometen gemalt.

Abb 2: Giotto, Die Anbetung der Könige, 14. Jh.

Trotzdem gilt diese Theorie als eher unwahrscheinlich, weil man von alters her mit einem Kometen Negatives verband und Kometen in regelmässigen Abständen wiederkehren, somit also nichts Besonderes sind.

Eine Planetenkonjunktion: Dies könnte sich für den „Stern von Bethlehem“ eignen, da Planeten „Wandelsterne“ sind, die sich auf einer Umlaufbahn um die Sonne bewegen und auch mal stehenbleiben. Daher könnte eine solche den          3 Königen den Weg gewiesen haben.

Es kommen zwei Planetenkonjunktionen in Frage:

Die Konjunktion von Jupiter und Venus: Hierbei verkörpert Jupiter als oberster Gott der Römer die Vaterfigur, mit königlichem Status, und weist den Sterndeutern den Weg in den Westen. Venus verkörpert die Liebe und ist der Mutterplanet. Die Kombination der beiden lässt erahnen, dass diese Planeten auf ein werdendes Leben, also ein Kind, hindeuten.

Die verfilmte WeihnachtsgeschichteEs begab sich aber zu der Zeit…“ (2006) basiert auf dieser Theorie, führt aber noch einen dritten „Stern“ namens „Scharuh“ an, was auf Babylonisch „König“ bedeute. Das Neugeborene wäre somit ein Königskind göttlicher Herkunft, im Westen geboren.

Heute weiss man, dass es zwei solche Konjunktionen im Jahr 3 und 2 v.C. gegeben hat, wobei die beiden Planeten sich auf minimalsten Abstand (0°4′ / 26“) näherten, so dass sie fürs blosse Aug zu einem Lichtpunkt verschmolzen. Ausserdem waren sie über mehrere Wochen im Nahen und Mittleren Osten sichtbar, so dass sie gut als Wegweiser dienen konnten. Dagegen spricht, dass Konjunktionen von Jupiter und Venus häufig sind und diese Konstellationen erst nach dem Todesjahr von König Herodes (ca. 4 v.C.) waren.

Abb. 3: Nach über 2000 Jahren ähnliche
Konstellation, „Stern“ am 30.6.2015

Die Konjunktion von Jupiter und Saturn: Diese Konjunktion, die für das Jahr 7 v.C. nachweisbar ist, wird heute als die wahrscheinlichste angenommen, und zwar weil drei Komponenten zusammentrafen, die auf ein einmaliges Ereignis hinweisen:

1. Die dreifache Planetenkonjunktion: Im Jahr   7 v.C. ereignete sich die aussergewöhnliche, äusserst seltene, dreimalige Annäherung von Jupiter und Saturn. Eine solche „Coniunctio Magna“ tritt nur alle 794 Jahre auf, ist also ein Jahrtausendereignis.

2. Die Konstellation der Planeten: Jupiter und Saturn standen im Jahr 7 v.C. für kurze Zeit sehr nah beieinander. Ergänzend zu Obgenanntem symbolisierte Jupiter für die Sterndeuter aus dem Morgenland auch den höchsten Gott der Babylonier, Marduk, d.h. den Weltenherrscher, und ist damit ein himmlisches, göttliches Vorzeichen. Saturn wurde mit Israel in Verbindung gebracht, also eine geographische Angabe.

3. Der Übergang in ein neues Zeitalter: Um Christi Geburt war auch der Übergang ins Fische-Zeitalter. Dies deutet eine neue Ära an. Zudem stand das Sternbild Fische in der babylonischen Astrologie für Palästina.

4. Der „Schweif“ des Sterns: könnte vom sog. „Zodiakallicht“ ausgegangen sein, welches in der südlichen Hemisphäre im Jahr 7 v.C. für mehrere Stunden sichtbar und auf ein und dieselbe Stelle am Horizont gerichtet war. (cf. Mt 2,9f.)

Schliesslich heisst dies: Im Volk Israel wird in Palästina ein „Königskind“ geboren, welches göttlichen Ursprungs ist. Mit ihm wird eine neue Zeit anbrechen. Es ist der Messias.

Maria Brun, Dr. theol.