Halloween – Allerheiligen – Allerseelen

Auf den ersten Blick passen die drei Begriffe nicht zusammen, abgesehen von der gleichen Jahreszeit, in die sie fallen. Ende Oktober – Anfang November sind markiert durch diese drei Feste. Dabei ist zu sagen, dass sie eine Art Demarkationslinie durch die Generationen bilden. Die Jüngeren wachsen heute mit Halloween auf und freuen sich, dass am 1. November schulfrei sei, damit sie ausschlafen könnten. Die Älteren hingegen können mit dieser neuen, Fasnacht ähnlichen «Mode» am 31. Oktober nicht viel anfangen. Der 2. November ist nur noch vom 3. Alter aufwärts bekannt und man entsinnt sich wehmütig der alten Zeiten, als diesem Totengedenktag noch volle Bedeutung zukam.

Im Folgenden möchten wir den drei Begriffen nachgehen und die innere Beziehung aufzeigen.

1 Halloween

Die unbekannten Bräuche zu Halloween sind via Medien in den 1990er Jahren im deutsch-sprachigen Europa aufgetaucht. Von den katholischen Gebieten der Britischen Inseln haben vor allem die Iren, die im 19. Jh. infolge Hungersnot und Armut auswanderten, ihre Traditionen nach Amerika gebracht. Doch was steckt hinter «Halloween»?

Halloween hat seinen Ursprung im Keltischen und geht auf das Herbstfest «Samhain» zurück. Die Kelten kannten vier Sonnenfeste (je zwei zur Äquinox[1] und Solstitium[2]) und vier Mondfeste zu Beginn der Jahreszeiten, von denen Samhain das wichtigste war. Es bezeichnete auch den Übergang des alten ins neue Jahr, vom 31. Oktober zum 1. November. Die Feierlichkeiten hatten mehrere Gründe: Jahresübergang ähnlich heutigem Silvester, Freude über Ernte und aufgezogenes Vieh als Vorläufer des Erntedankfestes, Entzünden des «heiligen Feuers» und Entfachen des Herdes mit demselben zur Abwehr des Bösen, «Schwellenzeit» in der sich die dies- und jenseitige Welt nahe kamen.

Uns interessiert der letzte Aspekt.

Samhain bezeichnete nach religiösem Gesichtspunkt den «dunklen Pol» im Gegensatz zum «hellen Pol» von Beltane[3]. Die Kelten glaubten, dass sich in zyklischen Abständen die beiden Welten näher kämen und an Samhain die trennenden «Schleier» besonders dünn seien. In dieser Nacht wäre also eine Begegnung zwischen Lebenden und Toten, aber auch anderen Wesen der jenseitigen Welt, möglich. Man nahm an, dass die «Anderswelt» mit Elfen, Feen, Kobolden, «Wi(e)dergängern» – entsprechend «Untoten» oder «armen Seelen», die ihre Ruhe nicht finden – unmittelbar neben der Welt der Menschen sei. Und – man war sich bewusst, dass eine solche Begegnung sowohl eine Chance, die dem Menschen Segen brachte, als auch eine Gefahr, die den Erdenbürgern zum Schaden gereichen konnte, in sich bargen. So entstanden die einzelnen Bräuche: Fratzenhaft flackernde (Kürbis-)Gesichter auf dem Fenstersims und verkleidete Unwesen sollten die bösen Geister vom Haus fernhalten; den guten Seelen seien sog. «Soulcakes»hinzulegen. Sollten allenfalls Bettler diese an sich nehmen, so waren sie geheissen, für die «armen Seelen» zu beten, ansonsten sie Unheil zu gewärtigen hätten.

Man beachte die in Kreuzform angelegte Dekoration.

Hier ist bereits der Einfluss des christlichen Glaubens erkennbar.

Diese Kuchen sollen dem Spender Heil bringen durch die guten Geister.

Dahinter die Fratzengesichter, die die bösen Geister abwehren sollen. (Abb. 1)

2 Allerseelen

Das Fest Allerseelen reiht sich an oben genannte Ausführungen an und hat in gewissen Kulturen eine inhaltliche Verwandtschaft, so z.B. im altmexikanischen Glauben, welcher an aztekischen Vorstellungen anschliesst: Einmal im Jahr, am «Dia de (los) Muertos», zum Ende der Erntezeit, kämen die Verstorbenen aus dem Jenseits zu Besuch und feierten mit den Lebenden ein fröhliches Wiedersehen. Ein farbenprächtiges Volksfest mit vielen Blumen vor allem in den Farben gelb und orange – weil diese von den Jenseitigen am besten erkannt würden – und dem «Pan de Muerto» heisst in der Nacht auf den 1. November zunächst die «Angelitos», die verstorbenen Kinder, dann die Erwachsenen willkommen, um am 2. November um Mitternacht von diesen auf dem Friedhof wieder Abschied zu nehmen.

Das christliche Allerseelen ging 998 von Cluny aus und breitete sich im 11. Jh. in der ganzen lateinischen Kirche aus. Allerseelen hat einen Bezug zum Fegefeuer, d.h. durch Gebet, Fürbitte, Fasten und Almosen könnten die Lebenden den Verstorbenen helfen. Vielerorts gibt es Grabsegnungen sowie Grab- oder Seelenlichter als Symbol für das ewige Licht: beide sind Ausdruck der Verbundenheit mit den Verstorbenen. Die Zeit vom 30. Oktober bis 8. November heisst «Seelenwoche».

Angehörige auf dem Friedhof. (Abb. 2)

Die evangelische Kirche kennt den «Totensonntag», heute meist «Ewigkeitssonntag» genannt; dieser wird am letzten Sonntag des Kirchenjahres, also am Sonntag vor dem        1. Advent begangen. Auch die orthodoxe Kirche gedenkt der Toten. Die Traditionen sind unterschiedlich; allen gemeinsam sind der Samstag – als Tag der Grabesruhe Jesu, vor der Auferstehung – vor Beginn der Osterfasten und vor Pfingsten. Die syrisch-orthodoxe Kirche feiert am Ostermontag den «Ruhetag aller Verstorbenen».

3 Allerheiligen

Dies ist der älteste Feiertag. Ephrem der Syrer (306-373) initiierte 373 einen Gedenktag[4] aller Märtyrer. In der orthodoxen Kirche wird am ersten Sonntag nach Pfingsten aller «Heiligen»[5] gedacht. Erst im 9. Jh. erklärte Papst Gregor IV. (827-844) Allerheiligen, inklusive Vigil am Vorabend, als Feiertag der Westkirche. Zuvor hatte Alkuin (735-804) darauf gedrängt, das Fest auf den 1. November festzulegen, denn als Angelsachse wusste er um den keltischen Neujahrsbeginn.  So wird auch klar, weshalb «Halloween» etymologisch (hallow = «heiligen, weihen») «All Hallows» nämlich «alle Heiligen» bedeutet bzw. «All Hallows Eve» der Vorabend von Allerheiligen, wovon sich «Halloween» ableitet.

Ikone zu Allerheiligen. (Abb. 3)

In der Alten Kirche wurden alle Getauften und Mitglieder der jungen Kirche als «Heilige» bezeichnet, weshalb in der orthodoxen Kirche alle Getauften, deren Namenspatron keinen eigenen Festtag hat oder die keinen christlichen Namen tragen, an «Allerheiligen» Namenstag feiern. Erst später wurde der Begriff «heilig» eingeschränkt und im Zusammenhang mit der Kanonisierung nur noch für jene Personen verwendet, von denen sowohl die Menschen als auch die Kirche annimmt, «dass sie schon zur Vollendung in Gott gelangt sind».

Mit diesem Verständnis schliesst das Fest «Allerheiligen» den Gedenktag «Allerseelen» mit ein.

Maria Brun, Dr. theol.


[1] Tag- und Nacht-Gleiche.

[2] Sommer- und Winter-Sonnwende.

[3] 30. April / 1. Mai.

[4] Am 13. Mai.

[5] Märtyrer, Heilige, Apostel.