Musik zu Ehren Gottes – auf der Harfe

„Preist den Herrn mit der Zither, spielt für ihn auf der zehnsaitigen Harfe!

Singt ihm ein neues Lied, greift voll in die Saiten und jubelt laut! (Ps 33,2-3)

I.

Die Musik gehört in das Leben der Menschen. Es ist die Sprache einer sphärischen Verbindung. Das natürlichste Musikinstrument ist die menschliche Stimme. Aber seit Urgedenken hat der Mensch mittels Naturprodukten Gegenstände zum Musizieren hergestellt. Damit will er seine Lebensfreude ausdrücken, dem Schöpfer danken oder seiner Wehmut freien Lauf lassen.

Im Unterschied zum heutigen Judentum, in dem nur noch das Schofar, das Widderhorn, zu Rosch ha-Schana (Neujahrsfest) und zum Jom Kippur (Versöhnungstag) geblasen wird, hatte die Tempelmusik viele Musikinstrumente, wie das AT bezeugt: Pauke, Trommel, Zimbeln, Trompete, Horn, Leier, Flöte und Pfeifen.

„Man sang und spielte vor Jahwe und für Jahwe.“[2] In der Musik kommt die Freude zum Ausdruck, die letztlich von Jahwe kommt. Mit Musik kann man auch Gott erfreuen und bewegen, so dass Gottes Handeln oft als Reaktion auf die Musik verstanden wurde. „Dieser Glaube verlieh der Musik fast sakramentalen Wert. Oder anders gesagt, die Musik teilt die Struktur, die dem Loben ganz allgemein eigen ist.“ All die genannten Instrumente zusammen wurden im Besondern „bei der Proskynese vor Jahwe und bei feierlichen Opfern“ verwendet.[3]

Diese irdische Doxologie findet ihr Abbild in der Veneration durch die himmlischen Heerscharen vor dem Allerhöchsten. Da wird das Orchester der Engel noch um weitere im AT bezeugte Instrumente ergänzt: nebst Zither und Laute die königliche Harfe und die heroische Posaune. Wenn „die heiligen Zeiten“ (Ps 81,4) eintreten und das Kommen Jahwes angekündigt wird (Ps 47,6), dann erschallen die Hörner, auf späteren Darstellungen die Posaunen.

Engelchor mit Posaunen und Laute, um 1435[4]

Erstaunlicherweise ist die Musik nicht weiter Gegenstand des NT. Am bekanntesten ist der Engelchor, welcher den Hirten auf dem Feld die Geburt des Erlösers verkündet. (Lk 2,13f.)

II.

Die sog. Chordophone nehmen im AT einen besonders grossen Platz ein. Laut Gen 4,21 hat Jubal diese erfunden und wird so zum „Stammvater“ der Saitenspieler.[5] Zu den Zupfinstrumenten gehören Harfe, Zither, Leier und Laute. „Leiern und Harfen sind die ältesten, aus Abbildungen bekannten Musikinstrumente mit mehreren Saiten.“[6] Dabei ist zu sagen, dass die Unterscheidungen nicht immer ganz genau sind, vor allem was Leier und Harfe anbetrifft. Man unterscheidet zwischen Kinnor, (41mal im AT), eher einem Volksinstrument und in Steppengegenden verwendet, und Nebel, (26mal im AT), einer geschwungenen Form der Leier mit bis zu 10 Saiten, einem feierlichen und daher seltenerem Instrument, am Königshof oder beim Tempelkult gespielt. [7]

Die Harfe war ursprünglich in Syrien und Palästina unbekannt. Älteste Hinweise gibt es aus Mesopotamien und dem Alten Ägypten, seit ca. 3000 v.C., bildhaft bezeugt seit 2400 v.C.[8] Dies ganz im Gegensatz zur Leier, von der es Nachweise bis ins 12. Jh. v.C. gibt.[9]

Ägyptische Harfe spielender Sänger[10]

Die bekannteste biblische Person, die mit der Harfe in Zusammenhang gebracht wird, ist König David. Unbestritten ein grosser Künstler, der 73 Psalmen, Hymnen und Klagelieder dichtete und Weisungen für Sänger und Künstler gab (1Chr 25), kann er als „poetischer und tief religiöser König“[11] bezeichnet werden. Mit seiner Harfe beseitigte er die Schwermut von König Saul, vertrieb „den bösen Geist“ (1Sam 16,16-23) und besänftigte seine „Raserei“ (1Sam 18,10). Bei traurigen Anlässen hingegen pflegten die Instrumente zu schweigen, so etwa als die in Gefangenschaft entführten Israeliten ihre Harfen an den Ufern von Babylon an die Weiden hängten (Ps 137,2). Eine Ausnahme dürfte das Klagelied des Hiob sein (30,31). Dass König David tatsächlich Liedtexte komponierte und Harfe spielte, bestätigt der Prophet Amos (6,5).

Harfen spielender König David mit einem Kinnor[12]

Dass die Harfe das nobelste Instrument war, bezeugt auch ihr Einsatzbereich. Sie wurde „zu Ehren des Herrn“ und „zum Dienst im Hause des Herrn“ (1Chr 25,1-7), bei der Altarweihe (1Makk 4,54) gespielt. Bei einem Triumphzug (1Makk 13,51) und der Rückkehr von der siegreichen Schlacht kamen die Kämpfer unter dem Spiel der Harfen, Zither und Trompeten nach Jerusalem, „zum Haus des Herrn“ (2Chr 20,29). Und beim Harfenspiel war es, als „die Hand des Herrn über (den Propheten) Elischa“ kam (2Kö 3,15).

Schliesslich werden am Ende der Zeiten, bei der Wiederkunft des Herrn, die Sieger „die Harfen Gottes“ (Off 15,2) tragen und „das Lied des Mose“ (Off 15,3-5) singen und zur Begrüssung des Lammes „ein neues Lied“ (Off 5,8-14).

Gotische Erard-Harfe mit Heiligenfiguren, 19. Jh.[13]

Maria Brun, Dr. theol.


[1] https://rahelweiss.wordpress.com/2015/06/27/das-schofar-teil1/ (30.9.2015)

[2] Keel Othmar, Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament. Am Beispiel der Psalmen. – Zürich-Einsiedeln-Köln 1972, 326.

[3] Ebd.

[4] Fra Angelico, Ausschnitt aus „Krönung Mariens“; https://taruskinchallenge.files.wordpress.com/2009/11/screen-shot-2009-11-04-at-3-44-33-pm.png?w=500&h=707 (29.9.2015)

[5] Cf. http://www.jewishencyclopedia.com/articles/7266-harp-and-lyre (1.10.2015)

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Leier_(Zupfinstrument) (26.9.2015)

[7] Cf. Keel, ebd. 323ff.     .

[8] Cf. https://de.wikipedia.org/wiki/Harfe (26.9.2015)

[9] Cf. Keel, ebd. 323.

[10] Le musicien d’Amon Djedkhonsouiouefânkh joue de la harpe devant le dieu Rê-Horakhty, Troisième Période Intermédiaire, 1069 – 664 avant J.-C.

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ra-harphist_(cropped).jpg (1.10.2015)

[11] Haag Herbert (Hg.), Bibel-Lexikon. Art. Psalmen. – Zürich-Einsiedeln-Köln 1982, 1422.

[12] Folie 20v aus dem Egbert-Psalter, um 980 n. Chr. – https://de.wikipedia.org/wiki/Harfe (26.9.2015)

[13]https://www.google.ch/search?q=erard+harp&biw=1120&bih=617&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0CAYQ_AUoAWoVChMIysWC99WfyAIVhrMUCh1bIA5X#imgrc=HfJHoZpSwyoCKM%3A (30.9.2015)