Pfingsten

„Die Herabkunft des Hl. Geistes auf die Apostel“

„Das Fest der Hl. Dreifaltigkeit“

„Die Geburtsstunde der Kirche“

Die Apostelgeschichte berichtet davon: Apg 2, 1 – 3

„Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort.
Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt,
und erfüllt das ganze Haus, in dem sie waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer,
die sich verteilten; auf jeden von ihnen liess sich eine nieder.“

Pfingsten im alten Bund
Fünfzig Tage nach dem Pessachfest feiern die Juden Schawuot, das Wochenfest. Von seiner griechischen Bezeichnung „Pentekoste“ leitet sich unser Wort „Pfingsten“ ab. Beides bedeutet „der fünfzigste Tag“. Die Zahl Fünfzig (die Sieben als Zahl der Fülle mit sich selbst multipliziert plus der göttlichen Zahl eins) bedeutet unüberbietbare Fülle“.
Der Pfingsttag wurde in der Zeit des Alten Bundes seit dem Propheten Mose gefeiert, sieben Wochen nach dem jüdischen Pessachfest, und wurde Wochenfest (Schawuot) genannt. Dieses Fest wurde zur Erinnerung an die Übergabe der zehn Gebote an Mose auf dem Berg Sinai eingeführt.

Pfingsten im neuen Bund
Die Christen verbinden mit diesem Fest die Ereignisse, wie sie in der Apostelgeschichte berichtet werden. Apg 2, 4 – 11.
„Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie gerieten ausser sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elamíter, Bewohner von Mesopotámien, Judäa und Kappadózien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrýgien und Pamphýlien, von Ägypten und dem Gebiet Líbyens nach Zyréne hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselýten, Kreter und Araber, wir hören sie in unseren Sprachen Gottes grosse Taten verkünden.“

Das Brausen und der heftige Sturm bereiten die Apostel auf die Ankunft des Heiligen Geistes vor, und die Feuerzungen zeigten an, dass er gekommen war.
Der Hl. Gregorios der Theologe sagt dazu: „Der Sohn Gottes kam sichtbar in die Welt, und auch der Heilige Geist musste sichtbar kommen“.
Das verblüffende zweite Wunder war, dass alle plötzlich begannen in allen Sprachen zu reden; in allen Sprachen verkünden sie die Taten Gottes, zu deren Zeugen sie geworden waren und deren Sinn sie erst jetzt in ihrer ganzen Fülle begriffen.
Diese Darstellung ist das pure Gegenteil: „Vom Turmbau zu Babel“, dort entzweiten sich die Völker, weil eine Sprachverwirrung entstand. Pfingsten ist also Heilsgeschehen, das bewirkt, dass sich diese alte Wunde wieder schloss und sich die Menschen der verschiedenen Völker wieder verstehen.

Als er herabkam, die Sprachen zu verwirren, schied der Höchste die Völker; als er des Feuers Zungen verteilte, rief Er alle zur Einheit: und einstimmig verherrlichen wir den Allheiligen Geist!“
Kondakion 8 Ton

Der (Hl.) Geist hatte schon immer eine hohe Bedeutung in der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen, etwa bei der Schöpfungserzählung im Buch Genesis: „Der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.“ Bei der Verkündigung der Geburt Jesu an Maria sprach der Engel: „Der Hl. Geist wird dich überschatten.“ Der Apostel Paulus schrieb: „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“

„Tres personae, una substantia“ „Drei Personen, ein Wesen“
Auf dem Zweiten Ökumenischen Konzil von Konstantinopel im Jahre 381 wurde das Bekenntnis zur Gottheit des Heiligen Geistes für verbindlich erklärt. Er wurde bekannt als „Herr“ und „Lebenspender“ der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird. Die Kirchen des Ostens und des Westens teilen diesen Glauben an den „Dreifaltigen Gott“, obwohl die Theologie der Ostkirche und die des Abendlandes unterschiedliche Denkmuster zulassen.

Pfingsten ist keine Fortsetzung der Menschwerdung, sondern ihre Frucht, ihre Auswirkung.
V. Lossky
In der Ostkirche gibt es fast kein Gebet, das nicht mit einer trinitarischen Doxologie endet. Fast alle Gottesdienste beginnen mit den pfingstlichen Stichiron. Damit wird deutlich, dass Gebet immer nur in der Kraft des Heiligen Geistes geschehen kann.

„Himmlischer König, Tröster, Geist der Wahrheit der Du überall bist und alles erfüllst, Hort der Güter und Lebenspender, komm und wohne in uns und reinige uns von allem Makel und errette, Gütiger, unsere Seelen.“

Ein pfingstlicher Brauch in der byzantinischen Ostkirche
An Pfingsten werden die Kirchen mit grünen Zweigen und Blumen geschmückt. Dieser Brauch stammt nach der Überlieferung noch aus dem Alten Bund, als die Häuser und Synagogen zu Pfingsten mit Grün geschmückt wurden als Zeichen dafür, dass alles grünte und blühte, als Mose die Gesetzestafeln erhielt.
An Pfingsten wird auch der Erscheinung der Dreifaltigkeit bei Abraham in Mamre gedacht, deshalb erinnert die mit Grün geschmückte Kirche auch an jenen Hain. Die Gewänder der Geistlichen sind darum auch grün und sie verrichten alle heiligen Handlungen mit Sträussen aus grünen Zweigen und Blumen in der Hand.

„Gesegnet bist Du Christus, unser Gott, der Du die Fischer zu Allweisen gemacht hast, in dem Du ihnen den Heiligen Geist gesandt und durch sie den ganzen Erdkreis eingefangen hast; Menschenliebender, Ehre sei Dir!“
Troparion 8 Ton

Pfingsten gilt darum in den Kirchen des Ostens und des Westens als das Fest der Erfüllung und Vollendung, die Frucht vom Osten. Und ist die Bestätigung der Auferstehung Jesu, seiner Erhöhung zu Gott, dem Vater und seiner bleibenden Gegenwart bei der Gemeinde seiner Gläubigen. Man wird sie daran erkennen und messen, ob sie dem Wirken des Heiligen Geistes Raum gibt und in allen Sprachen den Menschen die Botschaft Gottes zu bringen vermag.
Der Heilige Geist will auch heute in unserer Zeit zu uns Gläubigen kommen, unsere Herzen erfüllen und das Feuer seiner Liebe entzünden.
Das Ziel des christlichen Lebens ist der „Erwerb des Heiligen Geistes“, sagt der hl. Serafin von Sarov.

Pfarrer Roger Schmidlin

Anmerkung:
Mit dem Begriff Ostkirche ist die byzantinische gemeint.

Literatur:
– Bibel Einheitsübersetzung
– Liturgikon, Neophytos Edelby
– Mysterium der Anbetung, Sergius Heitz
– Die mystische Theologie, V. Lossky
– Bilder des Lebens, Hanns Sauter

Fotos der Ikonen:
– Dr. Jean-Paul Deschler